Die Geschichte vom Salzstreuer 

„Falls jemand meine Meinung wissen will, halte ich die ganze Aktion immer noch für sinnlos!
Tja, wenn wir mehr Salzkörner wären… ! Aber so? In dem riesigen Suppentopf fallen wir doch
gar nicht auf. Meiner Meinung nach kann das nicht unsere Lebensaufgabe und Berufung sein!“

„Nun mal sachte“, korrigierte ein Salzkorn. „Natürlich, im Vergleich zum Fleisch und Gemüse in
der Suppe sind wir Salzkörner ziemlich winzig. Aber in uns steckt doch genug Kraft und Potential,
um der ganzen Suppe die richtige Würze zu geben!“

„Muss ich bei dieser Aktion denn auch mitmachen?“ fragte zaghaft ein schüchternes Salzkorn in
der Ecke. „Ich trau mich nicht! Ich würd‘ viel lieber hier im sicheren Salzstreuer bleiben. Auf mich
kann es doch nicht ankommen, oder?“

„Papperlapapp!“, widerspricht das älteste Salzkorn. „Dein Auftrag besteht nicht darin, hier im
Salzstreuer zu hocken und mit den anderen Salzkörnern hoch-geistige Gespräche zu führen und
uns zuzuschauen! Du sollst salzen, das ist deine Aufgabe.“

„Nur nicht so hitzig“, rief da jemand von hinten! „Würde es nicht vielleicht auch ausreichen,
einen von uns, sozusagen einen Abgeordneten, in die Suppe zu schicken, jemanden, der sich
dazu berufen fühlt?“
Jetzt ging die Diskussion so richtig los! Es schwirrten Ideen und Vorschläge hin und her. „Warum
kommt die Suppe den nicht hier in den Salzstreuer?“ „Ja klar, eine super Idee, denn jeder ist uns
als Gast herzlich willkommen!“ „Die mögen doch sowieso alle lieber Pfeffer als Salz.“ „Suppe ist
so wahnsinnig nass!“ „Unsere Versammlungszeiten stehen doch im Monatsprogramm!“ „Ich bin
immer noch dafür, jemanden zu schicken, der das Würzen beherrscht und studiert hat. Wir als
Laien usw.“

„Ruhe!“ brüllte schließlich eines der Salzkörner aufgebracht. „Hört mir mal zu! So kommen wir
doch nicht weiter. Ein einziges Salzkorn wollt ihr schicken, um etwas zu bewirken, wo doch die
Kraft von uns allen gefordert ist? Und wenn ihr noch länger warten wollt, dass die Suppe von
selbst in unseren Salzstreuer fließt, dann wartet ihr bis zum jüngsten Tag! Erinnert ihr euch noch
an unseren eigentlichen Auftrag? Wir sollen salzen und nicht diskutieren; habt ihr das vergessen?
Wozu sonst sind wir denn da?“
Und während noch verlegenes Schweigen herrschte, fühlten sich die Salzkörner plötzlich emporgehoben. Alle, die ihre Aufgabe erkannt und wahrgenommen hatten, ließen sich fallen.
Es wurde eine sehr gute Suppe.

(Autor unbekannt)